Die Regierung als Denkmal
Auf den ersten Blick ist es vielleicht für manchen etwas verwunderlich, dass unser verglichen mit anderen Denkmälern sehr junges Regierungsgebäude als Baudenkmal einzustufen ist. Im Zuge der laufenden Sanierung hat sich aber immer mehr gezeigt, dass es sich um eine denkmalpflegerisch wertvolle Anlage der Nachkriegszeit handelt.
Begriff Denkmal
In der Vorstellung verbindet sich mit dem Begriff Denkmal meist eher ein barockes Schloss, eine gotische Kirche oder vielleicht ein altes Fachwerkhäuschen. Ein Denkmal definiert sich nach dem bayerischen Denkmalschutzgesetz aber als "von Menschen geschaffene Sache [...], aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, [...] Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt". Das Regierungsgebäude erfüllt diese Erfassungskriterien für ein Baudenkmal. Der Wert solcher sehr jungen Denkmäler aus den 50er Jahren, etwas weiter gefasst auch Nachkriegszeit (ca. 1945-1965), wird nicht nur von Denkmalpflegern hoch eingeschätzt.
Die 50er Jahre bekannt für Nierentisch, Rock`n Roll und Petticoat bieten Bauwesen und Kunst betreffend eigene Stilmerkmale, die unverkennbar und bei herausragenden Werken auch schützenswert sind. Solche Elemente finden sich in unserem Gebäude beispielsweise in den bemerkenswerten raumgebundenen Kunstwerken, der konsequenten Farbgestaltung, den geschwungenen Treppengeländern oder den ornamentalen Wandgestaltungen.
Entstehungsgeschichte
Besonders ist beim Regierungsgebäude hervorzuheben, dass es sich nicht um einen Wiederaufbau, sondern eine echte Neuschöpfung und gleichzeitig um den einzigen Neubau einer bayerischen Bezirksregierung nach dem 2. Weltkrieg handelt.
In der Kriegsnacht des 16. März 1945 war auch das ehemalige Benediktinerkloster, in dem die Regierung seit 1850 untergebracht war, bis auf Ruinen vernichtet worden. Das damalige Landbauamt, insbesondere zu nennen ist dabei Baurat Hauenstein, verwirklichte nach einem erfolglosen öffentlichen Architektenwettbewerb selbst einen Gebäudekomplex der in Städtebau, Kubatur und Gestaltung vollkommen vom Vorgängerbau abweicht. Beispielsweise befand sich der jetzt in der Mitte des Parkplatzes befindliche Baum, der die Zerstörung der Altstadt überlebt hat, vorher im Innern des Klosterhofes, der größer als der jetzige Peterplatz war. Grund für das Abweichen von dieser alten Struktur war der Wunsch Blickbeziehungen zwischen den städtebaulich prägnanten Kirchen der Umgebung herzustellen und vor allem die beengte Altstadtsituation an dieser Stelle als sichtbares Zeichen für die Bedeutung des Gebäudes aufzuweiten.
Städtebau
Die Gebäudestruktur des heutigen Regierungsgebäudes beruht auf einfachen, klaren geometrischen Grundformen, die in lockerer Reihung aneinander gesetzt sind. Nach Außen ablesbar ist die Addition gleichartiger Büroeinheiten durch eine strenge Rasterfassade, aus der einzelne besondere Bereiche wie beispielsweise das Präsidialgeschoss durch größere Raumhöhen und der Sitzungssaal durch eigene Fassadenstrukturen ablesbar sind. Die Nebengebäude sind zur Gestaltung des Straßenraumes und im Kontext zu den gegenüberliegenden Gebäuden niedriger als das bewusst dominierende Hauptgebäude gehalten.
Bauwerk
Trotz der insbesondere in den Nachkriegsjahren erforderlichen Sparsamkeit wurde das ganze Bauwerk angefangen von der Gesamtanlage bis zu kleinen baulichen Details mit viel Sorgfalt und Sachverstand entwickelt. Die Funktionalität des Gebäudes entspricht mit den notwendigen technischen Anpassungen auch den heutigen Ansprüchen. Die derzeit laufende Generalsanierung zeigt auch in der Bausubstanz eine erhaltenswerte Qualität, da - gemessen an der Lebensdauer - aus baufachlicher Sicht eigentlich "nur wenige" Sanierungsmaßnahmen notwendig wurden.
Kunst am Bau
Ein weiteres ganz besonderes Qualitätsmerkmal des Gebäudes ist die durchgehende künstlerische Gestaltung in allen Bereichen, angefangen von kleinen bunten Mosaikfeldern im Boden, antik anmutenden Wandfriesen aus Naturstein, bis zu wandfüllenden Intarsien und großflächigen abstrakten Ornamenten an Außenfassaden. Die Kunst entspricht überwiegend in Inhalt (z.B. "ländliche Idylle") und Darstellungsweise deutlich dem Geist der 50er Jahre. Das Gebäude vereint dabei eine große Anzahl von bedeutenden Künstlern der damaligen Zeit wie Otto Sonnleitner, Blasius Spreng, Fried Heuler neben vielen anderen.
Neben der künstlerischen Gestaltung ist auch die Farbgestaltung ein prägendes Element des Gebäudes. Hervorzuheben ist dabei insbesondere die in einer speziellen Glättetechnik gestaltete blaue Wand im Präsidialgeschoss. Durch den mehrlagigen Auftrag verschieden farbiger Schichten aus Leimfarbe kommt es durch die Transparenz der einzelnen Schichten zu einer lebhaften Wandoberfläche mit Tiefenwirkung.
Ein weiteres Stilmerkmal der 50er Jahre ist das italienische Flair des Innenhofes, der auf den ersten Blick etwas spröde anmutet, aber durch die klare Wand- und Bodengestaltung mit Putz und Naturstein und vor allem durch dem einem Vorbild in Palermo (Kloster Monreale) nachempfundenen Brunnen von Blasius Spreng eine ganz besondere Atmosphäre erzeugt. Der Putz ist in einer speziellen Technik namens "Sgraffito" (=Kratzputztechnik) hergestellt. Durch das Abkratzen mehrerer verschieden eingefärbter Putzschichten in geometrischen Mustern wird durch Hervorholen tieferer Schichten eine reliefartige Struktur mit einem je nach Sonneneinfall sich ändernden Licht- und Farbspiel erzeugt.